Die archaische und frühklassische Großplastik Unteritaliens und ihr Verhältnis zum Mutterland

30,90 35,90 

Urte Steininger

ISBN 978-3-8258-2711-9
Band-Nr. 11
Jahr 1996
Seiten 328
Bindung gebunden
Reihe Charybdis

Artikelnummer: 978-3-8258-2711-9 Kategorien: , ,

Beschreibung

Die Fragestellung nach dem Vergangenheitsbezug einer antiken
Quellengattung ist zunächst eine historische und setzt den bewußten
Rückgriff auf Älteres voraus. Deshalb wird hier sowohl die schriftliche
als auch die archäologische Überlieferung untersucht. Die Schriftquellen
belegen, daß unser historisches Wissen über die Griechenstädte in
Unteritalien in archaischer und frühklassischer Zeit gering ist und im
wesentlichen auf erheblich jüngeren Quellen beruht. Das Interesse dieser
ab dem späten 5. Jh. v. Chr. einsetzenden Literatur gilt in erster
Linie den Gründungssagen und den Ursprüngen der Poleis, weniger den
Ereignissen der darauffolgenden Jahrhunderte. Wie der
forschungsgeschichtliche Überblick zeigt, spielt die Ktisis der Stadt
Taras/Tarent nicht nur in historischen, sondern auch in archäologischen
Betrachtungen eine herausragende Rolle. Eine Analyse der Plastik dieser
lakonischen Apoikie sollte ursprünglich im Zentrum der Untersuchung
stehen, da man hier „direkte“ Vergangenheitsbezüge zwischen beiden
Poleis gesehen hat. Die Sichtung der großplastischen Objekte aus Tarent
ergab jedoch, daß sich nur wenige und teilweise zweifelhafte
Anknüpfungspunkte ziehen lassen. Vielmehr ergaben sich Spezifika im Stil
der dortigen Plastik, die nur durch die generellen
Entstehungsbedingungen von „Monumentalkunst“ in Unteritalien erklärt
werden können. Sie lassen sich in anderen Koloniestädten des Gebietes
konkreter fassen, wo die archäologischen Quellen zur Großplastik reicher
fließen. Das umfangreichere Material Siziliens konnte hierzu nur
vergleichend herangezogen werden. Durch die Erkenntnisse bezüglich der
besonderen Genese von Großplastik in der Region erscheint auch ein
anderer Aspekt in neuem Licht, den man als „indirekten“
Vergangenheitsbezug ansprechen könnte, die These von der Verschleppung
älterer Stilzüge in eine spätere Kunstepoche (sog. Retardierung). Sie
wurde der westgriechischen Kunst aufgrund ihrer „Randlage“ in der
griechischen Welt unterstellt. In einigen Fällen kann sie durch
datierende Befunde zurückgewiesen, in anderen durch eine eklektische
Vorgehensweise der Künstler erklärt werden. Als Ergebnis zeichnet sich
für die hier behandelte Materialgruppe eine weitgehende Negierung von
Vergangenheitsbezügen der unteritalischen Griechen in archaischer und
frühklassischer Zeit zu ihren mutterländischen Ursprüngen ab.